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Preisträger 2015

 

Joachim Radkau

 

Professor emeritus für Geschichte an der Universität Bielefeld

 

für seine Biographie von Theodor Heuss

 

Bevor aus Theodor Heuss das erste Staatsoberhaupt der Bundesrepublik wurde, war er ein fleißiger Schriftsteller und Feuilletonist. In Joachim Radkau hat dieser vielgewandte Geist seinen kongenialen Biographen gefunden. An Radkaus Heuss-Biographie frappieren Eleganz und Lebendigkeit des Tons, Freimut des Zugriffs und immer wieder die unbeirrbare Neugier auf die nur scheinbar beiläufigen Details der Lebensführung. „Papa“ Heuss, Weinglas und Zigarre, „Nun siegt mal schön“: Der erste Bundespräsident hat seinen Platz im historischen Gedächtnis seiner Lands-leute sicher. Wie Radkau zeigt, sind diese volkstümlichen Bilder des entschieden zivilen Präsidenten nicht falsch. Aber Radkau zeigt auch einen anderen Heuss: einen hochempfindlichen Zeitgenossen und rollenbewussten Mitspieler im politisch-en Geschäft, der geistig stets auf der Höhe der Zeit war und die Nähe der tech-nischen Intelligenz suchte.

Obgleich der Bürgerpräsident Heuss geradezu einen Habitus der Unverbind-lichkeit kultivierte, setzten sich in der öffentlichen Erinnerung zunächst die Reflexe der bildungsbürgerlichen Heldenverehrung durch. Radkau macht die Heusssche Los-ung der „Entkrampfung“ zum Schlüssel seiner Darstellung – auch im methodischen Sinne. Keineswegs sollen wir an allen Handlungen des älteren, mittelalten oder gar jungen Heuss schon den künftigen Präsidenten erkennen. Radkau schildert Heuss als Grenzspaziergänger, der uns zunächst als Repräsentant seiner Herkunfts- und Bildungswelt fasziniert und sich scheinbar zwanglos für höhere repräsentative Auf-gaben qualifizierte. Die Biographie ist ein großes Lesevergnügen. Ja, sie liest sich so vergnüglich, dass man den Witz von Radkaus Verfahren übersehen könnte. Nicht bloß in seinen Amtshandlungen, sondern in der ganzen Person repräsentiert der Bundespräsident den Staat. Das steht so zwar auch in den Grundgesetz-kommentar-en. Aber was damit gemeint sein soll, hat uns erst Radkau gezeigt. In der alten Hierarchie der historiographischen Gattungen gilt die Biographie als min-deres, illustratives Genre. Radkaus Argument über die Zivilisierung des politischen Lebens in der Bundesrepublik braucht die biographische Form.

(Votum des Kuratoriums)

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Preis Verleihung am 14.3.20015

Laudatio: Gertrude Lübbe-Wolff

Prof. Dr. jur., Richterin am BVerfG a.D. 

Laudatio und Dankesrede

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